Wissenschaftliches

Das Schreiben mit der Hand ist ein vielschichtiger Vorgang, bei dem zahlreiche Areale des Gehirns und des Körpers koordiniert werden. So müssen die Form des entstehenden Buchstabens, der Druck des Stiftes auf die Schreiboberfläche und die Geschwindigkeit des Schreibens ständig beobachtet und korrigiert werden. In seiner Veröffentlichung "Neurolinguistische Grundlagen - Physiologie, Neurologie, Motorik und Kognition des Schreibens" verweist Prof. Dr. Guido Nottbusch (2007) mit Hilfe von Druck und Geschwindigkeit dokumentierenden Schreibtabletts auf diese oben genannten komplexen Zusammenhänge.

Die Feinmotorik des Kindes kann gezielt gefördert werden, so dass das Schreibenlernen effizienter möglich ist. Dr. Christian Marquardt , Motorikforscher und wissenschaftlichen Beirat des Schreibmotorik Instituts begleitete 2011 eine Studie in Zusammenarbeit mit Wiener Schulen und der Pädagogischen Hochschule in Wien. Kinder, die bereits im Vorfeld und während des Schreibenlernens gezielte motorische Übungen regelmäßig durchgeführt hatten, schrieben schneller, fließender und ermüdeten nicht so schnell im Vergleich zu den Kindern der Kontrollgruppe. In einer Studie von Dr.Sandra Sülzenbruck (2012), Leibniz-Institut für Arbeitsforschung Dortmund wurde gezeigt, dass häufiges Schreiben die Feinmotorik fördert.

Das Alphabet wird gründlicher verinnerlicht, wenn es handschriftlich erarbeitet wird statt mit PC-Tastatur oder Tablett. Die französische Neurowissenschaftlerin Prof.Dr. Marieke Longcamp (2011), Universite Paul Sabatier, Toulouse wies in mehreren Studien mit Kindern und Erwachsenen darauf hin, dass die verschiedenen Formen der Buchstaben in Verbindung mit den ihnen jeweils notwendigen Bewegungsabläufen in mehreren Arealen des Gehirns gespeichert werden. Der Effekt ist eine deutlich höhere Merkfähigkeit der Schriftzeichen. Aber nicht nur Buchstaben an sich, sondern auch handschriftlich erarbeitete Texte bleiben besser im Gedächtnis haften, wie der Ergonom Timothy Smoker (2012), University of Central Florida belegen konnte. Auch er zeigte, dass die aktivere Motorik zu einer komplexeren und stabileren Verknüpfung im Gedächtnis führt (vgl. auch Geo 08/2014, S.127).

Handschreiben fördert die gedankliche Durchdringung und die sprachlichen Fähigkeiten. In einer interessanten Studie zeigte Virginia Berninger (2011) von der University of Washington in Seattle, dass Aufsätze, die in einer Schule verfasst wurden, bei den Handschreibern länger, besser strukturiert und mit komplexeren Sätzen geschrieben wurden als die Texte derer, die die Tastatur benutzten - und zwar in allen Altersstufen durchgängig.

Ursula Bredel, Professorin für Deutsche Sprache und Literatur an der Univerität Hildesheim weist daraufhin, dass das Schreiben einer Schreibschrift durch das verbundene Schreiben von Silben in einem Schwung der Rechtschreibfähigkeit und dem Spachverständnis zu Gute kommt. Sie begründet es damit, dass sich der Aufbau der Worte nicht allein an den Buchstaben orientiert, sondern an den kleinsten Bausteinen der Sprache, den Graphemen und Phonemen.

Die graphomotorische Fähigkeit wirkt sich auf die korrekte Rechtschreibung und die inhaltliche Qualität der Texte aus. Diesen Zusammenhang fand die Kanadische Sprachwissenschaftlerin Marie-France Morin (2012).